Katja Heimann-Kiefer schreibt über Übersetzen, Sprache und Text, Lesen und Vorlesen und den ganzen Rest

Warum Fachkommunikation Fachwissen erfordert

Ein Bleistift klemmt zwischen den Backen eines Messschiebers

Den Gartenweg pflastert nicht der Fliesenleger, und bei Zahnschmerzen gehen Sie nicht zur Hautärztin. Ihren Sterilisator lassen Sie nicht vom Fahrradschrauber warten, und an die Firewall des Unternehmens darf nur Ihre IT-Fachfrau. Auch beim Übersetzen und Texten trägt Fachwissen zum Erfolg bei.

Übersetzen ist kein Wörtertausch

Meinen Frisör konnte ich davon vor einigen Jahren nicht überzeugen. Was denn so besonders am Fachübersetzen sei, wollte er wissen. Tür ist „door“ und Hund ist „dog“. Kein Problem! Auf solchem Bilderbuch-Niveau mag das noch überschaubar sein, aber in der Fachkommunikation kommt man damit nicht weit. Übersetzen bedeutet nämlich nicht, Wörter der einen Sprache durch Wörter der anderen Sprache auszutauschen. Sonst wären grottig bis unverständlich übersetzte Gebrauchsanleitungen nicht schon seit Jahren eine Lachnummer. Vielmehr kommt es darauf an, Inhalte flüssig und fachsprachlich korrekt in der Zielsprache auszudrücken. Das bloße Beherrschen von einer oder zwei Sprachen reicht dafür nicht aus: Man muss die Inhalte verstehen und braucht Kenntnisse in dem betreffenden Fachgebiet.

Post vom Finanzamt – alles klar?

Das versuchte ich nun meinem Frisör zu erklären: „Denken Sie mal an die Briefe vom Finanzamt oder das Kleingedruckte mit den Versicherungsbedingungen. Verstehen Sie diese Texte?“ – „Nein!“, antwortete er voller Überzeugung. „Warum nicht, es ist doch alles auf Deutsch?“, hakte ich nach. Dass es an seiner fehlenden Sachkenntnis lag, war ihm schon klar. Aber dass genau solche fehlende Sachkenntnis auch ein Hindernis für die Produktion einer guten Übersetzung ist, mochte er trotzdem nicht einsehen.

Dabei lässt sich das einfach testen: Versuchen Sie doch rasch einmal, den folgenden Auszug aus dem Umsatzsteuergesetz* (§ 18, Abs. 4e) in Ihren eigenen Worten wiederzugeben:

Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat.

(Anwesende Steuerfachleute vergnügen sich stattdessen bitte mit dieser Textpassage über Software-Defined Radio.)

Fachkenntnis fürs Textverständnis

Sie merken: Was man nicht versteht, kann man auch nicht ausdrücken. Das gilt für das Übersetzen ebenso wie für das Texten. Eine Übersetzerin oder Texterin zu beauftragen, die sich in Ihrem Fachgebiet auskennt, ist deshalb ein wichtiger Faktor für den Text-Erfolg. Bei Übersetzungen hat das sogar noch einen zusätzlichen Vorteil. Meine Erfahrung zeigt mir, dass Ausgangstexte immer wieder ungeschickte oder falsche Aussagen enthalten, manchmal auch gröbere Schnitzer, die ich ohne meine Fachkenntnisse nicht erkennen könnte. Ich mache die Auftraggeber darauf aufmerksam und gebe ihnen so die Möglichkeit, ihren Ausgangstext zu korrigieren (und sich die Veröffentlichung womöglich peinlicher Fehler zu ersparen).

Bevor Missverständnisse entstehen: Fachkenntnis bedeutet nicht zwingend, dass sich die Übersetzerin oder Texterin aus dem Stand mit den kleinsten Details Ihrer Maschinen, Prozesse oder Softwarelösungen auskennen muss. Wer professionell übersetzt oder textet, hat auch Recherchekompetenz und kann an vorhandenes Fachwissen anknüpfen, um sich in Spezialgebiete einzuarbeiten.

Auch der Umgang mit Sprache(n) will gelernt sein

Womit wir beim nächsten Aspekt wären, der hoffentlich selbstverständlich ist: Auch die Tätigkeit des Übersetzens und Textens ist ein Job für Profis, braucht Qualifikation und Erfahrung. Vertrauen Sie Ihre Übersetzungen daher nicht dem Neffen des Fußballtrainers der Nachbarstochter an, der in Englisch immer eine Zwei hatte. Achten Sie ebenfalls darauf, wen Sie Ihre Texte schreiben lassen. Und denken Sie in jedem Fall über ein Lektorat nach, denn auch bei Muttersprachlern sind die Deutschkenntnisse nicht immer so gut, wie man erwarten sollte. Kurzum: Gehen Sie zum Profi. Das tun Sie zum Haareschneiden ja auch.

 

* Zur Klarstellung: Ich bearbeite keine Texte zu Finanz- und Wirtschaftsthemen. Gerade weil ich diese Themen schwer verständlich finde, habe ich den Auszug aus dem Umsatzsteuergesetz gewählt. An der richtigen Adresse sind Sie bei mir dagegen mit Texten zu IT, Medizintechnik (speziell Sterilgutversorgung) und allgemeineren Themen. Am besten, Sie fragen einfach!

 

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