Meine gar nicht so geheime Superkraft: Ich bin wohl die einzige qualifizierte Textspezialistin, die auch eine Qualifikation im Bereich Instrumentenaufbereitung/Sterilgutversorgung hat. Wie das kam?
Ein Sprung ins kalte Wasser
Ich war schon einige Jahre als Übersetzerin selbstständig, da rief mich eine Kollegin und Freundin an. Sie bat mich, eine Übersetzung zu übernehmen, die sie nicht selbst erledigen konnte. Wie sich herausstellte, ging es um Medizintechnik. Ich habe Fachübersetzen mit Elektrotechnik und Maschinenbau studiert. Ich habe in Irland Softwarelokalisierung von der Pike auf gelernt. Aber Medizintechnik? Nun, zu diesem Auftrag gab es ein Glossar, es gab Referenzmaterial, und ich wollte meiner Freundin helfen, also habe ich zugesagt. Ich habe das wohl auch gut gemacht, denn nun kamen lauter Aufträge für diesen Kunden. Immer ging es um Instrumentenaufbereitung (die dafür sorgt, dass benutzte Medizinprodukte für die nächste Anwendung wieder steril sind, daher auch die alternative Bezeichnung „Sterilgutversorgung“). Ich fand das wirklich spannend, aber trotz meiner umfangreichen Recherchen blieb das nagende Gefühl, die Thematik nicht voll zu durchdringen. Das gefiel mir überhaupt nicht.
Weiterbildung tut not
Deswegen schrieb ich mich für einen Fachkunde-Lehrgang zur Instrumentenaufbereitung mit Abschluss als Technische Sterilisationsassistentin ein. Der Lehrgang wurde nach den offiziellen Vorgaben der Fachgesellschaft DGSV durchgeführt und enthielt unter anderem Module zu Hygiene, Mikrobiologie, Instrumentenkunde, Verpackung und Qualitätsmanagement. Als Übersetzerin war ich hier eine Exotin, denn fast alle anderen Teilnehmerinnen (und tatsächlich auch drei Teilnehmer) arbeiteten in der Zentralsterilisation von Krankenhäusern. Der Lehrgang war enorm interessant, und mein Wissensdurst wure endlich gestillt.
Das ist doch mein Beruf!
Am Ende des Kurses stand eine mehrteilige Abschlussprüfung: schriftlich, mündlich und praktisch. In der mündlichen Prüfung wurde ich gefragt, was ich denn tun würde, wenn ich ein Instrument zur Aufbereitung bekäme, für das die Aufbereitungsanleitung nur auf Englisch vorliegt*. Während ich noch überlegte, ob der Prüfer genau diese Frage mit Absicht genau mir stellte, begann die Kursteilnehmerin neben mir zu kichern, sie wusste ja Bescheid. Der Prüfer guckte schon etwas komisch. Völlig verblüfft war er dann, als ich selbstbewusst antwortete, dass ich die Anleitung einfach übersetzen würde, das sei ja schließlich mein Beruf!
Die Prüfung habe ich bestanden. Und jetzt bin ich die, die sich nicht nur mit Sprache und Text, sondern auch mit Instrumentenaufbereitung auskennt und mit großer Freude Unternehmen aus dieser Branche unterstützt, bei Übersetzungen und allen anderen Arbeiten am Text.
* Die richtige Antwort: Ich dürfte das Instrument nicht aufbereiten. Die Aufbereitungsanleitung des Herstellers muss auf Deutsch vorliegen, und zwar in der vom Hersteller freigegebenen Fassung. Nur so sind die Vorgaben für alle nachvollziehbar und mit Sicherheit korrekt.