Katja Heimann-Kiefer schreibt über Übersetzen, Sprache und Text, Lesen und Vorlesen und den ganzen Rest

„Workbook Gendern“ – Gendersensible Sprache elegant umsetzen

Das „Workbook Gendern“ mit seinem gut gefüllten Werkzeugkasten zeigt, wie Sie ansprechende und unaufdringlich geschlechtergerechte Texte schreiben.

Buchtipp zum Gendern

„Workbook Gendern“ von Andrea Görsch und Katja RosenbohmMit Vergnügen stelle ich allen, die schreiben, eine weitere Praxishilfe aus dem Hause Görsch & Rosenbohm vor. Bei diesem Buchtipp geht es ums Gendern, und bevor Sie jetzt Sterne sehen: nicht nötig! Denn „Gendern ist viel mehr als ein paar Sterne über den Text zu streuen“ – meiner Meinung nach der zentrale Satz dieses Workbooks und überhaupt zu diesem Thema.

Beim Gendern geht es darum, Texte so zu formulieren, dass sie ohne „generisches Maskulinum“ auskommen. Im generischen Maskulinum steckt der Anspruch, dass die männliche Form Frauen und andere Geschlechter mitmeint. Jedoch: Mitgemeint ist nicht mitgedacht, das ist wissenschaftlich bewiesen. (Sie können das mit diesem Cartoon an sich selbst testen. Ich habe ihn für den Artikel der VFLL-AG „Sprachwandel“ erstellt, der erläutert, warum gendersensible Sprache sich lohnt.)

 

Was ist drin?

Doch zurück zum Workbook. Bevor Andrea Görsch und Katja Rosenbohm ihren Werkzeugkasten aufklappen, führen sie auf wenigen Seiten ins Thema ein und liefern Hintergrundinformationen über Geschichte und Sprachgebrauch, bisher verwendete Genderzeichen, Einbeziehung anderer Geschlechter. Infokästen fassen das Wichtigste noch einmal knapp zusammen.

Und dann geht’s endlich los: der Werkzeugkasten. In diesem Workbook-Teil stellen die Autorinnen alphabetisch geordnet 17 verschiedene Strategien vor. Sie erklären kurz, wie die jeweilige Strategie funktioniert, und machen sie mit Beispielen anschaulich. Besonders praktisch sind die Kästen, die übersichtlich Vor- und Nachteile aufführen. Ein Aspekt dabei ist immer, ob die gewählte Strategie dudenkonform ist, also den aktuellen Duden-Regeln entspricht.

Zwei Innenseiten im „Workbook Gendern“

 

Was mein Herz als Textproduzentin erfreut: Die Informationen machen klar, dass es bei einigen Strategien (allen voran meiner Lieblingsstrategie „Kreativ formulieren“) mehr Aufwand bedeutet, einen Text bewusst geschlechtsneutral zu verfassen. Man sollte das Thema nämlich gleich beim Schreiben gedanklich mitlaufen lassen und muss in manchen Fällen völlig anders – das heißt abseits der ausgetretenen Sprachpfade – formulieren; spätere Änderungen bedeuten größere Eingriffe. Hieran lässt sich ersehen, dass die gendergerechte Bearbeitung bzw. Erstellung eines Textes mehr Aufwand sein kann, der es verdient, vergütet zu werden.

Anschließend darf geübt werden, schließlich ist es ein Workbook. Das macht Spaß und regt an, die vorgestellten Strategien noch einmal aufmerksam zu durchdenken. Die Übungen sind keineswegs trivial, auch ich musste stellenweise ganz schön knobeln. Lösungsvorschläge liefern die Autorinnen auch, aber machen Sie sich unbedingt die Mühe, eigene Lösungen zu finden. Sicherlich werden diese von den Vorschlägen abweichen, aber deshalb sind sie nicht unbedingt schlechter: Sprache bietet zahlreiche Möglichkeiten, vieles ist richtig.

Am Ende gibt es noch Argumente für das Gendern und Literaturempfehlungen für alle, die sich intensiver einlesen möchten. Interessant auch der Hinweis auf die Workshops, in denen Sie bei den Autorinnen persönlich lernen können, Texte gendersensibel und schön zu schreiben.

Ein wichtiger Beitrag

Das Gender-Workbook von Andrea Görsch und Katja Rosenbohm ist übersichtlich, schlank und praxisnah, schließlich kommen die Autorinnen aus der Praxis und arbeiten selbst täglich mit Text. Alle, die sich auf den spannenden Weg begeben möchten, ihre Texte zukünftig geschlechtergerecht(er) zu verfassen, haben hier ein nützliches Hilfsmittel, zum Üben und Immer-wieder-Nachschlagen. Ganz nebenbei demonstriert das Workbook fundiert und ganz unaufgeregt, dass es viele Möglichkeiten zum Gendern gibt und gegenderte Texte lebendig und ansprechend sein können. Damit leistet es damit einen wertvollen Beitrag zu einem aktuellen und wichtigen gesellschaftlichen Thema.

Ich empfehle dieses Workbook gerne, denn das Thema liegt mir am Herzen. Schon lange bemühe ich mich, in den Texten, die meinen Schreibtisch verlassen, genderneutral zu formulieren. Und man kann es nicht oft genug betonen: Gendern ist nicht gleichzusetzen mit Sternchen, es gibt viele schöne Strategien! Lernen Sie sie kennen.

Technische Details zum Buch

  • Titel: „Workbook Gendern“
  • Autorinnen: Andrea Görsch und Katja Rosenbohm
  • Erschienen 2023 bei KDP (Amazon)
  • ISBN: 9798398198362
  • Preis: Taschenbuch: 9,99 € (bei Amazon)

Ich danke den Autorinnen für das Rezensionsexemplar.

 

4 Kommentare

  1. Die Gründe, warum das Gendern wichtig ist, hast du ganz hervorragend und plausibel erläutert. Dieser Text sollte viel häufiger verbreitet werden, um die vielen Gegner des Genderns – die sich möglicherweise eigentlich nur reiben an den Sternchen, Unterstrichen oder Doppelpunkten und beim Sprechen an den „Löchern“ im Text – auf die Notwendigkeit des Herausarbeitens geschlechtergerechter Texte hinzuweisen.

    V. H.
  2. Ich denke auch: Viele, die sich gegen „Gendern“ positionieren, denken dabei nur an Sternchen und Strichkonstruktionen. Im günstigsten Fall entspringt diese Gegenwehr schlicht einem Mangel an Information. Daher kann ich auch Umfrageergebnisse à la „58 % der Befragten sind gegen Gendern“ nicht ernst nehmen, denn – mit Verlaub – sie wissen gar nicht, worüber sie da reden.

    Ich bin auch nicht begeistert von Sternchen und Strichen, deshalb ist es mir so wichtig, immer wieder deutlich zu machen, dass es so viel mehr Möglichkeiten gibt. Ich empfinde es als eine Herausforderung, die meine Sprachbeherrschung schärft, ansprechend und geschlechtsneutral zu schreiben. Hat auch was!

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