Ich habe Ihnen etwas aus dem Urlaub mitgebracht: Schilder! Im Urlaub erhole ich mich nämlich nicht nur, sondern finde als Text-Junkie auch allerlei Interessantes in der Welt um mich herum. So wird jeder Ausflug zu einem Streifzug durch die Schilderlandschaft.
Urlaub!
Diese wunderbare Zeit des Jahres, in der man fernab von heimischen Verpflichtungen entschleunigen, Neues erleben und sich erholen kann. Ich zum Beispiel bin gerne an der frischen Luft – unterwegs zu Fuß und gelegentlich mit dem Rad, aber ich lasse mich draußen auch sehr gerne mit einem Buch nieder. Überhaupt gehört üppig Zeit zum Lesen für mich zu einem gelungenen Urlaub.
Schilder am Wegesrand
Als Text-Junkie lese ich aber nicht nur Bücher, sondern meine Augen und mein Hirn stürzen sich automatisch auf alles, was Buchstaben hat. Unterwegs drängen sich daher Schilder am Wegesrand in mein Blickfeld. Einige besonders interessante Fundstücke habe ich hier für Sie zusammengestellt.
„Senken verboten“
Dieses Schild stand an einem kleinen Wasserlauf. „Angeln verboten“ kennt man ja, aber „Senken“? Vor meinem geistigen Auge sah ich jemanden eine Angelrute langsam ins Wasser absenken. Aber würde das nicht einfach unter „angeln“ fallen?
Eine Internetsuche hat mich informiert, dass „Senken“ hier kein Verb, sondern ein Substantiv ist: Eine Senke ist ein Gestell mit einem großen, flachen Netzboden, mit dem man kleine Köderfische aus dem Wasser hebt.
„Überwegung nur widerruflich gestattet“
Wenn man ein bisschen über dieses Schild nachgedacht hat, ahnt man, was es sagen soll. Jedoch: Eine Mitteilung, die man nur durch längeres Nachdenken entschlüsseln kann, verfehlt ihren Zweck. Besser für alle ist es, wenn man den Inhalt gleich beim ersten Lesen problemlos erfassen kann.
Ein Vorschlag für eine bessere Formulierung: „Privatweg! Benutzung für Fußgänger bis auf Weiteres erlaubt.“
Dabei halte ich „bis auf Weiteres“ für verzichtbar. Für eine reine Umformulierung wollte ich aber die Information erhalten, dass die Benutzung des Weges eines Tages möglicherweise nicht mehr erlaubt ist. Im Lektorat würde ich zum Streichen raten: Was soll man mit dieser Information, wenn man doch ungehindert weitergehen kann? Bei einem Widerruf würde der Wanderweg wohl gesperrt werden. Das merkt man dann auch ohne Schild.
Solange man den Weg einfach benutzen kann und darf, könnte man das Schild auch ganz weglassen, denke ich. Was meinen Sie?
Ein Moorschlammbecken!
Dieses Schild fand ich sehr fantasieanregend:
Wo kommt der Moorschlamm her, läuft er einfach so aus den Mooren des Ammerlands heraus? Warum wird er im Schlammbecken gelagert? Wie wird er weiterbehandelt, bevor er im Kurhaus als Moorbad serviert wird? Und was passiert, wenn unbeaufsichtigte Kinder ins Moorschlammbecken geraten? Gruselige Geschichten drängen sich auf!
„Strompolizeilich verboten“
Es gibt also auch eine Strompolizei – wieder ein neues Wort gelernt.
Interessant finde ich die „Schiffahrtstreibenden“* auf dem zweiten Schild: Man könnte meinen, hier hätte jemand versucht zu gendern, aber diesen Eindruck machen die „Ausrüster“ gleich wieder zunichte.
(* Nach den aktuellen Rechtschreibregeln heißt es „Schifffahrt“, mit drei f.)
„Deichkilometer 2,0“
Es gibt Autobahnkilometer und es gibt Deichkilometer.
„Später als 20 Minuten angekommen?“
Mit „als“ vergleicht man zwei Elemente. Etwa: „Rudi ist später als Elvira angekommen.“
Die auf diesem Plakat genannten 20 Minuten sind selbst kein sinnvolles Element eines solchen Vergleichs. In der richtigen Formulierung können sie jedoch die zeitliche Differenz angeben: „Rudi ist 20 Minuten später als Elvira angekommen.“
Richtig hieße es auf diesem Plakat: „Sind Sie mit mehr als 20 Minuten Verspätung angekommen?“ Oder kürzer, damit es in eine Zeile passt: „Beträgt Ihre Verspätung mehr als 20 Minuten?“
„Fährklingel“
Und zum Schluss noch ein schönes Schild, das an der Missunder Schleifähre zu finden ist.
Tagsüber wollen laufend Autos, Fahrräder und Personen übergesetzt werden, so dass die Fähre ohne Pause hin- und herpendelt. Doch in den ruhigeren Abendstunden lässt der Bedarf nach. Dann bleibt sie an einem Ufer liegen und fährt erst wieder los, wenn sie gebraucht wird. Wenn man nun an dem Ufer ankommt, wo die Fähre gerade nicht ist, kann man sie mit der Fährklingel herbeirufen.
Sie macht sich dann sofort auf den Weg – wir haben es 10 Minuten vor Betriebsschluss für Sie ausprobiert!
Die Beiträge waren dieses Mal wieder besonders interessant.
Danke für die Belehrung und das kurzweilige Vergnügen.
Es war mir ein Vergnügen!
Gute Urlaubsausbeute! 😀
Danke dir, Andrea!