Katja Heimann-Kiefer schreibt über Übersetzen, Sprache und Text, Lesen und Vorlesen und den ganzen Rest

Misstrauen Sie Ihrer Rechtschreibprüfung!

Rechtschreibduden mit gelbem BlümchenSie kennen das: Der Text ist fertig, es fehlt nur noch die Rechtschreibprüfung, Sie drücken die Taste F7 – und dann schlägt der Computer vor, die „Laparoskopiezangen“ zu „Laparoskopie Zangen“ zu ändern. Und schon werden Sie unsicher.

Bewahren Sie Ruhe, denn dieser „Korrektur“vorschlag könnte einen überraschenden Grund haben:

Vielleicht kann Ihre Rechtschreibprüfung gar nicht so gut Deutsch

Die deutsche Sprache ist sehr kreativ: Wir können mehrere Wörter zu einem neuen Wort mit einer eigenen Bedeutung zusammenfügen. So wird aus „Schokolade“ und „Muffin“ der „Schokoladenmuffin“ – ein Wort, nicht mehr zwei. Das Englische funktioniert anders: Hier reicht es, die Wörter nebeneinanderzustellen, und schon hat man einen „chocolate muffin“ – ein Ding, aber noch immer zwei Wörter.

Das Problem ist, dass Rechtschreibprüfungen, die in englischsprachigen Ländern entwickelt wurden, oft diese englische Sprachlogik anwenden, wenn sie ein zusammengesetztes Wort nicht kennen. Die Einzelwörter, die darin stecken, erkennen sie dagegen sehr wohl und schlagen vor, sie wieder zu trennen. So machen sie aus den „Laparoskopiezangen“ „Laparoskopie Zangen“, aus dem „Telefondolmetscher“ einen „Telefon Dolmetscher“ und aus der „Niedertemperatursterilisation“ die „Nieder Temperatur Sterilisation“.

Wenn Sie sich jetzt darauf verlassen, dass der Computer es besser weiß, bauen Sie Fehler in den Text ein, wo vorher alles richtig war: Die Auseinanderschreibung von Wortteilen, die wie der Schokoladenmuffin zusammengehören, ist im Deutschen falsch – ohne jedes Wenn und Aber. Seien Sie deshalb besonders misstrauisch, wenn Ihre Rechtschreibprüfung derartige Vorschläge macht.

Es gibt noch mehr Gründe, der Rechtschreibprüfung zu misstrauen:

Manche Fehler tarnen sich als richtige Wörter

Zeitungsausschnitt mit Schreibfehler: "seinem einstiegen Konkurrenten", "einstiegen" hier mit i e.In diesem Zeitungsausschnitt muss es „einstigen“ heißen. „Einstiegen“ ist ein Fehler, bleibt aber unter dem Radar jeder Rechtschreibprüfung, weil es ein korrektes Wort ist („Als wir einstiegen, war der Zug fast leer.“).

Auch Fehler bei der Groß- oder Kleinschreibung können Wörter produzieren, die zwar korrekt, im Kontext aber falsch sind: „Das Gute an sieben sind die vielen kleinen Löcher.“ Ebenso Buchstabendreher: „Die Zeit hielt alle Wunden.“

Bei diesen Fehlern wird die Rechtschreibprüfung nicht anschlagen, weil „sieben“ und „hielt“ vollkommen korrekt sind, nur eben nicht hier. Sie sehen also: Auch die Rechtschreibprüfung ersetzt nicht das aufmerksame Durchlesen Ihres Textes.

Neue Wortschöpfungen – von Schlachtrossen und Busatmungskondensat

Rechnen Sie damit, dass die Rechtschreibprüfung Ihnen nicht nur überflüssige Leerzeichen vorschlägt. Bei vollkommen unbekannten Wörtern kann sie richtig kreativ werden. Dann werden „Schläuchgrößen“* zu „Schlachtrossen“ und das „Ausatmungskondensat“ zu „Busatmungskondensat“. Natürlich würden Sie derart aberwitzige Vorschläge nicht übernehmen, aber ich erwähne diese Fehlerquelle der Vollständigkeit halber.

Welche abstrusen Vorschläge hat die Rechtschreibprüfung Ihnen schon präsentiert? Schreiben Sie mir einen Kommentar, ich bin gespannt!

Und wenn Sie sichergehen möchten, dass mit Ihrem Text alles in Ordnung ist, buchen Sie ein Korrektorat oder Lektorat: Vier Augen sehen mehr als zwei!

 

* „Schläuchgrößen“ war natürlich ein echter Fehler, es sollten „Schlauchgrößen“ sein. Sie sehen: Trotz gewisser Einschränkungen lohnt sich die Rechtschreibprüfung! Aus dem Grund verlässt jeder meiner Texte erst nach einer sorgsamen Rechtschreibprüfung das Haus.

 

2 Kommentare

    1. Das klingt rasend interessant, liebe Britta, danke! Leider lässt sich der Beitrag gerade nicht abspielen, aber ich bleibe dran und werde es später noch einmal versuchen.

      Ohne den Beitrag also gehört zu haben, kann ich mich vorerst nur darüber wundern, dass überhaupt jemand in derartigen Texten die Autokorrektur unbeaufsichtigt rumholzen lässt …

      Update: Jetzt konnte ich mir das anhören. Excel-Listen also, ja, da habe ich auch mitunter Probleme mit automatischen Korrekturen. Aber bei mir hat das nicht annähernd so eine Tragweite wie in der Genforschung!

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