Kiefheim klärt auf
Eigentlich ist es im Deutschen ganz einfach: Was zusammengehört, muss entweder zusammengeschrieben oder mit Bindestrichen* verbunden sein.
Beispiele zeigen, welche Schwierigkeiten dies jedoch in der Praxis bereitet, mit manchmal erheiternden Ergebnissen!
Was ist hier das Problem?
„6 Tage rennen“
Wow, ganz schön anstrengend! Ich hätte jedenfalls keine Lust (und erst recht keine Puste!), sechs Tage lang ununterbrochen zu rennen. (Angeblich ist ja schon der ursprüngliche Marathonläufer am Ziel tot zusammengebrochen.)
Wir können davon ausgehen, dass die Kaufhauskette Galeria ihre Kundschaft nicht umbringen will. Bei dem Namen für die Aktion mit immer neuen Sonderangeboten über sechs Tage dachten die Verantwortlichen sicherlich an die beliebten Veranstaltungen aus dem Bahnradsport, die Sechstagerennen.
Nur: „6 Tage rennen“ bedeutet nun einmal, dass man sechs Tage lang pausenlos durch die Gegend flitzt.
So geht es besser: Die Sportveranstaltung muss man zusammenschreiben. Es heißt zwar „Sechstagerennen“, aber wenn wegen der grafischen Gestaltung die 6 als Ziffer verwendet werden soll, empfiehlt sich „6-Tage-Rennen“.
„Reitende Diener-Straße“
Besuchen Sie Lüneburg: Dort gibt es eine reitende Straße!
Und zwar reitet hier die Diener-Straße. (Noch offensichtlicher wird die Fehlbedeutung auf dieser Seite der Lüneburger Tourist-Information.)
Was ist passiert? In dieser Straße lagen die Dienstwohnungen der „reitenden Diener“, die die Ratsherren unterwegs beschützten, als Boten unterwegs waren und auch bei Ratssitzungen bedienten. Es ist also die Straße der reitenden Diener. Deshalb gehören im Straßennamen „Reitende“ und „Diener“ unbedingt weiter zusammen, daher muss auch „Reitende“ mit einem Bindestrich an das Gesamtwort angeschlossen werden.
So geht es besser: „Reitende-Diener-Straße“.
(Lüneburg ist wunderschön und auf jeden Fall einen Besuch wert. Und wenn Sie dort sind, schauen Sie doch mal, was auf den anderen Straßenschildern für diese Straße steht.)
„Bayerischer Wald-Impression“
Das Mittelgebirge heißt „Bayerischer Wald“. In der Werbeanzeige ist ein Foto irgendwo aus dem Bayerischen Wald zu sehen, eine Impression also. Also hat man den einen Bestandteil „Bayerischer Wald“ mit dem anderen Bestandteil „Impression“ durch einen Bindestrich verbunden.
Das Ergebnis ist aber leider keine Impression aus dem Bayerischen Wald, sondern eine „Wald-Impression“.
Warum? Zu einem Ausdruck verbunden sind nur „Wald“ und „Impression“. Das Adjektiv „Bayerischer“ davor bezieht sich auf „Impression“ und bildet – weil unverbunden – keine Einheit mehr mit „Wald“.
Das hat zur Folge, dass „Bayerischer“ nun kleingeschrieben werden müsste, denn Adjektive haben normalerweise einen kleinen Anfangsbuchstaben. Nur wenn sie Teil eines feststehenden Ausdrucks sind (z. B. Bayerischer Wald, Heiliger Stuhl, Erster Weltkrieg), werden sie großgeschrieben. „Bayerischer“ muss also mit einem Kleinbuchstaben beginnen und natürlich außerdem feminin sein wie die „Impression“: „bayerische Wald-Impression“. Das ist dann eine Wald-Impression aus Bayern.
So geht es besser: „Impression aus dem Bayerischen Wald“. Möglich wäre auch „Im schönen Bayerischen Wald“ oder etwas anderes Beschreibendes.
Wie geht es besser?
Diese Regeln müssen Sie beachten:
- Als zusammengehörig gilt nur, was auch verbunden ist, entweder mit Bindestrichen oder in einem Wort.
- Wenn Ausdrücke, die aus mehreren Einzelwörtern bestehen, mit einem anderen Wort verbunden werden, müssen auch die sonst einzelnen Wörter mit Bindestrich verbunden werden. Der Fachausdruck dafür ist durchkoppeln.
(„Johann Wolfgang von Goethe“, aber „Johann-Wolfgang-von-Goethe-Straße“ – oder denken Sie einfach an die reitenden Diener!) - Manchmal ist auch eine Umformulierung eine geschickte Lösung, siehe den Bayerischen Wald.
- Ich wiederhole meine Warnung vor den Vorschlägen der Rechtschreibprüfung in Word oder ähnlichen Programmen: Bei zusammengesetzten Wörtern ist sie keine gute Beraterin!
Halten Sie die Augen offen, Sie werden viele Stellen entdecken, an denen Bindestriche fehlen oder das Zusammenschreiben auf andere Weise schiefgegangen ist.
Und wenn ich das noch hinzufügen darf (ich möchte niemanden beleidigen!): Es gibt eine gut sortierte Sammlung von Fundstücken und Hintergrundinformationen auf der Website https://deppenleerzeichen.de.
* Bindestriche heißen Bindestriche, weil sie verbinden. Bitte sprechen Sie den Bindestrich in Web-Adressen deshalb nicht als „minus“. Schließlich wird nicht ein Wort vom anderen subtrahiert, sondern es werden Worte zu einer Adresse verbunden.
Danke.
6 Tage rennen ist wirklich eine lustige Vorstellung. Ob sich in den nächsten Jahren vielleicht durch die hartnäckige Verwendung solcher Schreibweisen immer mehr durchsetzt? Ich glaube, viele wissen es nicht besser und/oder finden es zu mühsam, nachzuschlagen.
Ich denke, viele machen sich gar nicht klar, was genau sie tatsächlich schreiben. Kennen den Unterschied nicht.
Und wie ich schon an anderer Stelle schrieb: Man versteht es ja letztlich. Und trotzdem ist es nach wie vor leichter verständlich und schöner, korrekt zu schreiben.
Danke für diesen wieder sehr nützlichen Beitrag. Ich denke aber, dass diejenigen, die den Text lesen, eigentlich schon alles wissen (oder spüren).
Leider werden diesen Text diejenigen wohl weniger gewiss lesen, die es betrifft.
Danke – es war wieder sehr ausführlich und gut erklärt.
Zumindest lesen es die, die sich nicht sicher sind, es aber richtig machen wollen. Und dazu erhalten sie hier eine Hilfestellung.
Meine Blogartikel sind ja im Internet zu finden … und ich weiß, dass sie auch gefunden werden! 😃